Tourismus in Brixen mit aktuelleren Daten

Unser BM Peter Brunner beklagt den Verlust von Betten in der Stadt und nennt den Temlhof, Senoner und die Kurklinik Dr. Guggenberg.

Wir haben bereits gezeigt, dass man die Gesamtsituation betrachten muss, statt sich auf einige wenige Daten zu fokussieren. Jetzt neu mit den Daten von 2018:

 

Tourismus in Brixen ist nicht im Sinkflug, sondern braucht Stabilisierung anstelle von weiterem Wachstum.

Brixens Nächtigungszahl hält in Südtirol 2018 an 14. Stelle der 116 Gemeinden. Mit 666.260 Nächtigungen (mit Vahrn & Franzensfeste: 816.059) liegt unsere Gemeinde hinter den TOP 13 Kastelruth (1,584 Mio.), Wolkenstein (1,309), Abtei (1.174), Meran (1,115), Schenna (1,057) Corvara (1,022), Ahrntal (899.000), Tirol (833.000), Mühlbach (779.000), Sexten (742.000),), Bozen (689.000), St. Ulrich (690.000), Ratschings (674.000). Brixen liegt vor Hot-Spots wie Eppan, Kaltern, Lana, Naturns, Toblach oder Bruneck. Die Zahl der Nächtigungen hat von 2007 bis 2017 von 513.979 auf 625.000 zugelegt und sich damit um 21,7% verbessert, deutlich mehr als das Landesmittel, das sich im Zehnjahres-Abstand nur um 18,8% erhöht hat. Die Auslastung der Betriebe, also die Vollbesetzung ihrer Betten, erreicht für Brixen 2017 138,8 Tage im Jahr (2007: 118,2). Das liegt klar unter dem Landesmittel von 145,7 Tagen südtirolweit; hieran gilt es zu arbeiten. Aber Tagestouristen und Kurz-Trip-Gäste, die etwa einen „Heller-Garten“ besuchen, tragen nicht zur besseren Auslastung bei, sondern senken diese.

Brixen ist neben dem 5 x größeren Bozen die einzige TOP-15-Tourismusgemeinde Südtirols, in der Tourismus nicht die Ausschlag gebende Rolle spielt.

In Orten wie Kastelruth, Ahrntal, Mühlbach und Ratschings ist Tourismus die führende Branche, gegen die andere Sektoren weit zurücktreten. Handwerk, Industrie, Dienstleistungen, Landwirtschaft spielen in solchen Orten die zweite Geige. In Brixen ist es genau umgekehrt. Hier spielt jeder größere Industriebetrieb eine wichtigere Rolle als der gesamte Tourismus der Gemeinde.
Der Umsatz von jedem der folgenden Betriebe entspricht dem Vielfachen aller Tourismusbetriebe auf Gemeindegebiet: Progress (2018: 258,2 Mio. €, 590 MA; 2017: 194,6 Mio. €, 504 MA), Wierer (2018: 138,2 Mio., 330 MA; 2017: 123 Mio.; 307 MA), HA-KA (Duka) (2018: 100 Mio. €, MA: Keine Angabe; 2017: 98 Mio. €, 450 MA), erst recht für Durst (2018: 250 Mio. €, 778 MA) und Alupress (2018: 160 Mio. €, 1261 MA). Auch BriMi (2017: 88,6 Mio; 182 MA); Frener & Reifer (2018: 81, 5 MIo. €, 220 MA; 2017: 74 Mio.;181 MA) sind beachtliche Player. Brixen hat unter den TOP 50 Industrieunternehmen Südtirols immerhin 5 platziert (Progress, Durst, Alupress, Wierer, HAKA); Meran stellt keinen einzigen Betrieb unter Südtirols TOP 50. Und dies geschieht in Brixen ganz ohne Lautstärke, ohne massiven ökologischen Impact, ohne „Industriegenossenschaft“ zur Vermarktung, dafür mit oft hoch qualifizierten Arbeitsplätzen. Dies gilt auch für Banken, Krankenhaus, öffentliche Verwaltungen, für Schulen und die Universität. Tourismus ist in Brixen ein wichtiger Player, aber eben nur – the second best.

In Brixen ist kein „Bettensterben“ feststellbar, wohl aber eine Qualifikation des Angebots notwendig.

Brixen hatte 1997 eine Gesamtzahl von 4250 Betten, 2007 von 4348 und 2017 von 4.504 Betten. Ist das viel oder wenig? Wenn wir einige der oben angeführten Bigs zum Vergleich heranziehen, so sind Abtei mit 8.769 Betten, Kastelruth mit 8.772 weit führend, aber bereits Ahrntal (5169), Ratschings (4.215), St. Ulrich (4.665), erst recht Bozen mit nur 3.682 Betten liegen gleichauf oder weit darunter. Ziel muss es sein, Betten im Bereich der höheren Vier und Fünf-Qualitätsklassen zu steigern und zumal bei kleineren Häusern höhere Qualität zu erzielen.

Ein „Heller-Garten“ belebt keinen qualifizierten Tourismus, sondern Tagestourismus und Handel in der Stadt.

Nur wenige Gäste werden ein Wochenende oder gar einen Urlaub in Brixen verbringen, um den Heller-Garten zu besuchen. Er wäre für Übernachtende eines von mehreren „Must-See“, aber keine Hauptattraktion. Dafür würde der Garten Tagestouristen aus anderen Regionen, dem nahen Tirol oder Bayern anlocken. Das belebt die Altstadt, ihre Gastronomie und Einzelhandel (vielleicht), vor allem aber steigert sie Hektik und Verkehrsaufkommen. Bei geschätzt 200.000 Besuchern jährlich, davon ca. 2/3 auswärts, wird die Altstadt, aber auch das Lebensumfeld von Brixnerinnen und Brixnern in ökonomisch wirkungsvoller, aber ökologisch bedenklicher Manier „vitalisiert“. Denn Verkehr, Emissionen, Parkplatzmangel, Lautstärke, gehen wesentlich auf Kosten der in Brixen lebenden Menschen. Mehr noch: Die Altstadt riskiert zur kommerziellen Benutzeroberfläche zu verkommen.

Fazit:

  • Brixens Tourismus ist stark unterwegs, bedarf aber vor allem einer Qualifizierung unter nachhaltigen Aspekten.
  • Deutlich längere Aufenthaltsdauer, ökologische Anreise im Zug (Berlin-Bx, Wien-Bx, Roma Bressanone in 7 h), Kongresstourismus, nachhaltiger Genuss-und Kulturtourismus mit maßvollen Events und einer qualitätsvoll bespielten Hofburg sind geeignete Strategien, in die auch ein Offener Bürgergarten passt.
  • Tourismus ist nur eines von mehreren wirtschaftlichen Standbeinen Brixens. Er ist längst nicht das wichtigste, aber allemal das sichtbarste.
  • Die Tourismus-Entwicklung Brixens kann nicht ohne Leitvision über die Zukunft Brixens gedacht werden. Diese fehlt bislang zur Gänze. Das Thema Hofburggarten ist aber hierfür ein zentraler Angelpunkt.

 

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Walter Kircher
Walter Kircher
3 Jahre zuvor

DANKE! Deutlicher gehts nicht!
Nur, – die Volksvertreter werden weiterhin alles in den Wind schlagen …!
Doch halt, – es gibt ja demnächst ein wirkliches Event! – GR-WAHL …!

Hans Hofer
Hans Hofer
3 Jahre zuvor

Danke Dr. Pasquazzo. Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen und in wenigen Sätzen Wesentliches gesagt. Das immer wieder von BM Brunner vorgebrachte Argument, das Heller Projekt würde Arbeit für lokale Betriebe schaffen, kann doch nicht bedeuten, dass man Luxusprojekte fördern soll. Mit dieser Begründung könnte man ja auch Kirchenportale vergolden lassen. Stattdessen Arbeit schaffen für ökologisch sinnvolle, nachhaltige Projekte und Gelder auch für Familien in finanziellen Extremsituationen zur Verfügung stellen!

Dr. Bruno Pasquazzo
Dr. Bruno Pasquazzo
3 Jahre zuvor

Die Sinnhaftigkeit des mit geradezu manischem Eifer vorangetriebenen Projektes ist eigentlich ausreichend in Frage gestellt worden. Wer in heutiger Zeit immer noch glaubt, daß mit Super- attraktionen welcher Art auch immer langfristig etwas Gutes zu erreichen ist, der möge sich in Gemeinden wie z.B. Hallstadt oder auch hierzulande in Prags kundig machen. Außerdem sollte die Coronaseuche auch dem schlichten Gemüte verdeutlicht haben, daß Spekulationen um etwaige „Wertschöpfungen“ auf überaus tönernen Füßen ruhen, Betriebskosten indes auf unangenehme Weise real sind und bleiben. Es ist darüberhinaus zu erwarten (befürchten?), daß der Garten mit allerlei „Events“, wie man derlei Umtriebe heute zu bezeichnen pflegt, belebt werden wird, schließlich muß das Geschäft rennen. Gegebenenfalls wird der begnadete Selbstdarsteller aus Wien -gegen entsprechendes Honorar, versteht sich- auf dem Eisack wandeln. Geparkt werden kann – ja wo eigentlich? Was ist mit dem Müll? Den Abgasen? Dem Krach? Herr, schmeiß Hirn herunter, und nicht sparen, bitte!

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